
Wahrheit und Widerstand Ludwik Fleck Lecture 2008 by Jorge SemprĂșn
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Venue:
ETH main building
Room G60
RĂ€mistrasse 101
8006 Zurich
âPhilosophiestudentâ lautete die Angabe des Deportierten auf die Frage, was sein Beruf sei. âDas ist doch kein Beruf!â habe der im KZ Buchenwald mit der Registrierung der Deportierten beauftragte HĂ€ftling erwidert. âKein Beruf, aber eine Berufung!â â Er habe es damals nicht lassen können, dieses Wortspiel anzubringen, erinnert sich Jorge SemprĂșn in seinem 1994 erschienen Werk LâĂ©criture ou la vie an diese Szene. Was der andere dann, nach sichtlichem Zögern, tatsĂ€chlich eingetragen hatte, sah SemprĂșn erst ein halbes Jahrhundert spĂ€ter, als er die auf dem LagergelĂ€nde errichtete GedenkstĂ€tte besuchte: Auf seiner Karteikarte stand als Berufsbezeichnung âStukkateurâ, und wie SemprĂșn vermutet, verdankte er diesem Umstand sein Ăberleben.
Die Auseinandersetzung mit der als HĂ€ftling im KZ Buchenwald gemachten Erfahrung und die Frage, wie ein Leben mit der Erinnerung daran zu fuÌhren ist, steht im Kern von SemprĂșns Schaffen als Schriftsteller und Drehbuchautor. Sein Werk ist mit zahlreichen renommierten Preisen ausgezeichnet worden, zuletzt dem Ăsterreichischen Staatspreis fuÌr EuropĂ€ische Literatur (2006). Jorge SemprĂșn ist TrĂ€ger des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels (1994) und des Jerusalem Preises fuÌr die Freiheit des Individuums in der Gesellschaft (1997). Mit Bezug auf das wissenschaftstheoretische Denken von Ludwik Fleck, der zur selben Zeit wie er in Buchenwald inhaftiert war, wird SemprĂșn in seinem Vortrag die Frage nach dem VerhĂ€ltnis von Wahrheit und Widerstand stellen.
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